Entpflichtet und doch frei zu predigen - Abschied in der Ev. Kirchengemeinde Warstein
Warstein. Nur sechseinhalb Jahre war Dr. Christiane Saßmann Pfarrerin in der Ev. Kirchengemeinde, die gebietsmäßig die Städte Warstein und Rüthen umfasst. Evangelische Gemeindeglieder, katholische Menschen aus den beiden Orten und Menschen, die kirchlich eher uninteressiert sind, haben in dieser Zeit die Bekanntschaft mit der offenherzigen, freundlichen und immer an Begegnungen interessierten Pfarrerin gemacht. Geboren wurde sie im Siegerland, zur Pfarrerin ordiniert wurde sie 1989 in Gelsenkirchen-Altstadt und arbeitete danach in Herne als Gemeindepfarrerin. Siegerland und Ruhrgebiet haben sie geprägt: Mit tiefer Frömmigkeit und großer Kontaktfreude erfüllte sie ihre Aufgaben in der Warsteiner Gemeinde.
Die Menschen hier dankten ihr vielfältig: Mit einem von Pfarrerin Jutta Schorstein, Pfarrer Uwe Müller und Vikarin Larissa Figgen geleiteten Abendmahlsgottesdienst am Abend des Reformationstages. Die Bläser unter der Leitung von Iris Lenze, der Singkreis, geleitet von Dirk Marschollek, Silke Hoppe, Gitarre, und Bianca Sina, Saxophon und Klarinette, haben ihr zuliebe musiziert. Im Chor sang die Verabschiedete mit.
Sichtlich mit Freuden predigte sie an diesem Abend. „Heute wird’s persönlich“, eröffnete sie die Predigt. Mit heller, kräftiger Stimme, überzeugt von Christus, verknüpfte sie den Bibeltext mit ihrer eigenen Situation. Für Paulus habe das Gesetz Israels eine Lücke, die Christus fülle. Sie sieht eine Lücke im Kirchengesetz, das von einer Pfarrerin, die das Ruhestandsalter erreicht hat, erwartet, dass sie sich entpflichten lässt. Sie freue sich sehr über die Anwesenheit von Superintendent Alfred Hammer, bedaure es aber, dass er gekommen war, um sie zu entpflichten. Doch, das hörte sie später auch vom leitenden Theologen des Kirchenkreises: Die Ordinationsrechte verliert sie nicht. Sie ist weiterhin frei zu predigen und Amtshandlungen zu leiten. Nur, sie muss es jetzt nicht mehr. Hammer verriet der Gemeinde, dass die quirlige Pastorin an ihrem neuen Wohnort schon dem Superintendenten ihre Bereitschaft zur Arbeit erklärt habe. An zwei Altenheimen wird sie voraussichtlich demnächst freiwillig Dienst tun. Bei diesem Engagement wundert es nicht, dass Christiane Saßmann fest davon überzeugt ist: „Gott lässt seine Kirche niemals eingehen.“
Mit Herz und Hirn ist sie Pfarrerin. Als Kind - im Lehnstuhl ihres Großvaters - las sie ein Buch über den Pfarrberuf und fasste den Beschluss, selbst Pfarrerin zu werden. „Und das mit meinen Schulnoten“ –fügte sie lachend hinzu. Mit ihrem Abiturzeugnis war sie nicht zufrieden, ihre Studienleistungen müssen sie und andere überzeugt haben, denn nach dem Studium machte die Theologin noch ihren Doktor im Fach Altes Testament.
Trotz aller Wissenschaftlichkeit ist sie eine lebensnahe Frau geblieben, die auf der Kanzel und am Rednerpult, im Zweiergespräch und in der Arbeitsgruppe, mit Konfirmanden und Grundschülern verständliche Worte findet. Alle haben sie gerne in ihre Lebensbereiche aufgenommen. Die Grußworte beim Empfang im Gemeindehaus bezeugten das: Jutta Schorstein als Vorsitzende des Presbyteriums, die Bürgermeister aus Warstein und Rüthen, Priester und Gemeindereferentinnen aus den Pfarrverbünden lobten ihre Arbeit, ihren Einfallsreichtum in den Kontaktstunden an sieben Grundschulen und ihre gute Zusammenarbeit in Schulgottesdiensten. Immer wieder erwähnt wurde ihr Einsatz für die drei Pilgerwege, die aufgrund ihrer Idee in Kallenhardt entstanden. Die Ökumene vor Ort hat Christiane Saßmann begeistert: Früher habe sie in katholischen Kirchen immer eine Mauer gespürt. Die sei jetzt verschwunden.
Die Gemeindeglieder erinnern sich gerne an die vielen persönlichen Kontakte und an Christiane Saßmanns Einsatz für die kleinen evangelischen Kirchen in Kallenhardt und im Möhnetal. Unter ihrer Leitung entstanden Arbeitskreise, die sich um den Erhalt der Kirchen bemühen.
Beschenkt mit Literatur, guten Worten, Gutscheinen für Essen im Restaurant und mit einem Korb symbolträchtiger Lebensmittel nahm sich Christiane Saßmann das letzte Wort, bedankte sich hocherfreut bei allen Gästen und bei ihrer Familie, die mit ihr am Ehrentisch saß. KKB
Bilder: Kathrin Koppe-Bäumer