Letzter Gottesdienst und letztes Abendmahl - Johanneskirche wurde geschlossen
Meschede. „Was wir vor uns haben, ist schwer: Abschiednehmen von Lieb- und Wertgewordenem, von einer Kirche, die mit unserem Leben teils eng verbunden ist.“ So begrüßte Pfarrer Hans-Jürgen Bäumer die Gemeindeglieder, die sich am drittletzten Sonntag im Kirchenjahr zahlreich zur endgültigen Entwidmung der Johanneskirche im Mescheder Norden versammelt hatten. Auch Bürgermeister Christoph Weber war gekommen. Im Laufe des Gottesdienstes wurden immer wieder Augen feucht, manchmal nahm die Traurigkeit den Betenden den Atem. „So ist es, wenn Herz und Hirn im Widerstreit miteinander liegen“, meint Superintendent Alfred Hammer, der mit der Johanneskirche die neunte Kirche innerhalb seiner Amtszeit entwidmete. Er unterstrich die Notwenigkeit, sich von Gebäuden zu trennen, die man langfristig nicht wird finanzieren können. „Nicht Gebäude unter allen Umständen zu unterhalten, sondern diese Gemeinschaft lebendig zu halten, das ist die Aufgabe und Herausforderung der Gemeinde bis auf den heutigen Tag, und dieser Herausforderung haben Sie sich hier in Meschede an der Johanneskirche gestellt“. Über König David sprach er. David wollte Gott einen Tempel bauen. Er musste sich von Gott sagen lassen, dass kein Raum auf der Erde für Gott angemessen ist. Hammer: „Nicht das Gebäude an sich ist entscheidend, sondern was darin geschieht, wenn die feiernde Gemeinde sich versammelt. Die Kirche ist ein Ort, an dem Gott anwesend ist, an dem wir ihm begegnen können, an dem Er das Wort an uns richtet. Und umgekehrt: Die Kirche, der Gottesdienst ist ein Ort, an dem wir uns an Gott wenden im Gebet, mit Liedern, mit Lob, Dank, Klage und Bitte“.
Wenn eine Kirche geschlossen wird, dann trauern die, die dort geheiratet haben, deren Kinder dort getauft und konfirmiert wurden, deren verstorbene Angehörige hier Gott anvertraut wurden. „Wir wollen diesen Schritt mit Mut und Vertrauen tun“, forderte Bäumer sich selbst und die Gemeindeglieder auf. Zum letzten Mal spielte der Posaunenchor unter der Leitung von Christine Wallnau-Töpfer auf der Orgelempore, zum letzten Mal lud Pfarrerin Karin Neumann-Arnoldi zum Abendmahl ein am schwarzen Schiefer-Altar unter der Christusskulptur, die von der Wand aus die Arme öffnet, um die Gemeinde zu segnen oder zu umarmen. Die Organistin Linneke Schmidt hatte sich etwas Besonderes ausgedacht. Bevor sie die letzten Töne spielte, wurde der Stecker der Orgel gezogen, die letzten Töne verklangen, mit immer weniger Luft.
Lore Goesmann, Gaby Raulf, Gretel Fuchte, Sigrid Hielscher, Renate Struwe und Dominic Faisca-Martins sprachen Gebete und teilten das Abendmahl aus. Unterstützt von weiteren Gemeindegliedern trugen sie nach dem Segen die liturgischen Gegenstände zunächst in den Kindergarten. „Hier war es zunächst ganz still“, erzählt Hammer, „Niemand sagte etwas. Bis nach einiger Zeit Hans-Jürgen Bäumer den 23. Psalm sprach. Das tat mir gut.“
Bei einer heißen Suppe saß man –wie nach einer Beerdigung - zusammen, tauschte Erinnerungen aus an 54 Jahre Johanneskirche in Meschede.
Vor fünf Jahren ist die Kirche entwidmet worden. Der Altarraum sollte erhalten und in den übrigen Raum Büros eingebaut werden. Diese Pläne zerschlugen sich. Jetzt gibt es wieder einen Käufer, der in der Kirche Wohnungen bauen möchte. Die äußere Gestalt der Kirche bleibt erhalten. Aber für Gottesdienste ist sie endgültig geschlossen.
Was wird aus der Orgel, den Glocken, dem Christus? Für die Orgel hat sich eine interessierte Gemeinde gemeldet. Die Tochter Wolfgang Kreutters, der die Christus-Skulptur aus Bronze geschaffen hat, hat zugestimmt, dass die eindrückliche Skulptur an einem anderen Ort aufgestellt werden darf. Ein angemessener Ort wird im Moment gesucht. Für die kleinste der drei Glocken bahnt sich eine schöne Verwendung an. Auf Vorschlag von Lore Goesmann hat der Orgelsachverständige der Ev. Kirche von Westfalen festgestellt, dass ihr Klang mit der Glocke der Christuskirche in der Innenstadt harmoniert. Wenn die Statik es erlaubt, wird dort also in Zukunft eine weitere Glocke erklingen und an die Johanneskirche erinnern.
Gemeindeglieder, die bisher in der Johanneskirche Gottesdienste gefeiert haben und in Zukunft zum Gottesdienst in der Christuskirche kommen möchten, wird ein kostenloser Fahrdienst angeboten. KKB Bilder: B.Bongard