26.09.2017

Michael Roth, Für dich gegeben. Lutherische Theologie. Hannover 2017 – 93 Seiten – 2,00€ – ISBN 978-3-943201-15-4 (Kopie 2)


Dieses Büchlein ist eine Auftragsarbeit zum Reformationsjubiläum. Der Autor ist Professor für Systematische Theologie an der Uni in Mainz. Er hat im Auftrag der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) auf 93 Seiten die Grundpositionen lutherischer Theologie vorgestellt. Im Format eines Vokabelheftchens kann die Leserschaft diese komprimierte Darstellung lesen und studieren.

Aufbau und Inhalt im Detail

In der Einleitung unter dem Titel „Ein Booklet zur Rechenschaft des Glaubens“ (S. 7-13) legt Michael Roth dar, dass sein Büchlein eine durchdachte Rechenschaft über den Glauben sein will. Fundamentalismus und Spiritualismus sind für ihn als einseitige Erstarrung oder privatisierende Verengung zu vermeiden. Er strebt stattdessen an, den Glauben zu durchdenken und zu beantworten, worum es beim Glauben eigentlich geht.

Auf diesem Weg umkreist er im 1. Kapitel (S. 15-38) die Fragen: Worum handelt es sich beim Glauben? Geht es um das Fürwahrhalten von biblischen Geschichten als Tatsachen oder geht es um eine bestimmte Art zu leben, sich also zu verdeutlichen, aus welchen Quellen wir unseren Lebensmut nähren? Michael Roth ist der Überzeugung, dass der Glaube vorrangig einen Lebensvollzug darstellt. Für Luther ging es im Glauben wesentlich darum, „woran du dein Herz hängst“. Bei dieser Betrachtung  kommt der glaubende Mensch nicht in einen fatalen Widerspruch von Glauben und Vernunft, Dinge aus der Bibel für wahr halten zu müssen, die der Vernunft widersprechen. Wenn Glauben als Lebensvollzug angesehen wird, wird die eigene innere Orientierung wichtig. Es kommt auf das an,  worauf man vertraut, woran man sein Herz hängt, was einen tröstet. Das „ist die angemessene Antwort auf Gottes Zusage…So gehören Gottes Zusage und das menschliche Vertrauen zusammen“ (S.22). 

Kapitel II (S. 41-63) steht unter dem Thema „Der Gegenstand des Glaubens“. Roth kommt schnell auf die Kernsätze der reformatorischen Lehre zu sprechen. Rechtes Glauben ist rechtes Vertrauen auf Gottes verbindliche Heilsgewissheit. Dem Menschen bleibt nichts, als vorbehaltlos Gottes Barmherzigkeit und Gnade anzunehmen. Luther quälte sich mit der Frage nach dem gnädigen Gott herum. Seine Entdeckung war, dass Gott gerecht macht – als Geschenk. Der Mensch kann selbst nichts aktiv für seine Gerechtigkeit vor Gott beitragen. Den biblischen Beleg dafür fand er in Römer 1,16f. (S. 50f.). Luther sprach dem Menschen sogar den freien Willen ab, irgendetwas für sein Heil aus eigener Kraft zu bewirken (S. 55). Alle eigene Initiative führt in die falsche Richtung. Die angemessene Glaubenshaltung für gläubige Menschen besteht allein in vertrauensvoller Annahme einer geschenkten Gerechtigkeit durch Gott (S. 51). „Luther geht es daher darum, mit aller Entschiedenheit festzustellen, dass der Grund der Rechtfertigung ausschließlich in der Gerechtigkeit Christi liegt“ (S. 56).

Was folgt daraus für das Handeln des christlichen Menschen in der Welt? Das ist das Thema im 3. Kapitel (S. 65-90). Der Autor setzt ein bei einer anthropologischen Feststellung lutherischer Lehre: wir alle sind Sünder vor Gott. Das heißt, das Sinnen und Trachten des Menschen kreist um sich selbst. Der Mensch ist ständig auf der Suche danach, sein Ich zu stärken, sich persönlich ins rechte Licht zu setzen und aufzustreben. Diese Gegebenheit verbindet alle Menschen. Diese Ich-Verlorenheit zu durchkreuzen kann durch die Gute Nachricht geschehen. Das Evangelium befähigt den Menschen, von dieser ständigen Selbstbespiegelung punktuell loszukommen und von sich selbst abzusehen. Dies wird dadurch möglich, dass Gott den Menschen in Jesus Christus bedingungslos annimmt. Dadurch motiviert der Glauben zu einer  Existenz in der Liebe, weil das Wohlergehen des Anderen zum Zweck des eigenen Handelns leitend wird (S. 85).

 Nachfragen

Der Autor beschreibt die lutherischen Grundpositionen der Rechtfertigung mit klaren Worten, so wie es die Leserschaft aus Katechismus, Unterricht und zahlreichen Predigten kennt. Roth folgt der lutherischen Vorgabe, er kopiert sie. Meine Frage dabei ist: haben wir heute dieselbe seelische Qual mit dem strafenden und gerechten Gott wie Luther? Ist es angemessen, dessen Befindlichkeit für den Maßstab unserer Sinnsuche heute zu machen? Wie ist die Ausschließlichkeit der Heilszusage Gottes in Christus zu verstehen im Blick auf die Anhänger anderer Religionen?  Und müssen wir unser Handeln in der Welt ausschließlich oder teilweise als Werke zu unserem Seelenheil verstehen?
Ich denke, die Schrift liefert viel Stoff zum Nachdenken und Diskutieren.

Für wen das Büchlein interessant sein kann

Wer sich erstmalig oder vertiefend mit Grundlehren der Reformation befassen will, kann viel Gewinn aus diesem verständlichen Buch ziehen. Es ist aber auch geeignet für einen Oberstufenkurs zum Thema „Glauben und Rechtfertigung“. Genauso gut kann eine Gemeindegruppe das Büchlein in Auszügen lesen und darüber nachdenken und sich austauschen – sicher mit großem Gewinn.
Es ist handlich, erschwinglich in der Anschaffung und verständlich im Text. Warum es aber zur Einleitung „Booklet“ genannt wird statt Büchlein, hat sich mir nicht erschlossen.
Bestelladresse: VELKD, Herrenhäuser Str.12, 30419 Hannover. Tel 0511/ 2796-0
E-Mail: zentrale@velkd.de

Wilfried Oertel, 11. 9. 2017  

 


 
 
 
 
Michael Roth, Für dich gegeben. Lutherische Theologie. Hannover 2017 – 93 Seiten  – 2,00€  –  ISBN 978-3-943201-15-4 (Kopie 2)
 

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