Sie Christin, er Muslim- sie sind ein Paar-ein Problem? - Ein Buch zum multi-religiösen Zusammenleben
Meschede. Wilfried Oertel, Pfarrer im Ruhestand, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Zusammenleben von Christen, Juden und Muslimen. Jetzt hat er ein neues Buch zu dem Thema herausgebracht: „Reise durch Dialogistan - An Brücken und Brüchen interreligiöser Begegnung“.
Oertel beschreibt darin eine neue Herausforderung, die er auf die Gesellschaft zukommen sieht: multi-religiöse Partnerschaften. Sie ist Christin, er Muslim. Oder: er ist evangelisch, sie jüdisch - solche und andere Konstellationen behandelt der Mescheder Theologe in seinem Buch. „Der Umgang mit den Spannungen, die daraus entstehen, muss erst noch gelernt werden“, ist er überzeugt. Und Oertel glaubt, dass die Zahl der multi-religiösen Partnerschaften steigen wird.
„Es war während eines christlich-islamischen Projekttages. Mit meinem muslimischen Freund saß ich an unserem Infostand. Ein junges Paar trat zu uns heran. Wir merkten bald: Es ging nicht um eine theoretische Frage, sie hatten ein wirkliches Problem. Sie hatten zivil geheiratet und waren dabei über Kinder nachzudenken. Sie war christlich, er muslimisch. Wir sollten sie ihre Kinder erziehen? Offen und frei? Wie würden die Familien reagieren?“ So steht es in der Einleitung des Buchs. „Die hier versammelten Schicksale, Eindrücke und Erfahrungen erzählen von Hoffnungen, von Unterstützung und Fürsorge, aber auch von Schmerz und Schattenseiten."
Eine „Reise durch Dialogistan“ titelt Oertel: Er nimmt die Leserinnen und Leser tatsächlich mit, und beginnt in Deutschland, ist unterwegs in Europa, dann im Orient und fliegt schließlich über den Atlantik. In den jeweiligen Regionen beschreibt er Gegebenheiten und Begegnungen. Zum Beispiel auf Zypern: „Im Tod hört die Feindschaft nicht auf“. Oertel besuchte einen Friedhof und stellt fest, dass griechische und türkische Einwohner gegenseitig die Gräber beschädigt haben - für ihn erschreckend, dass die Gewalt nicht mal nach dem Sterben endet.
Ein Schwerpunkt des Buches sind Gespräche mit multi-religiösen Paaren. Oertel hat ihre Namen verfremdet, im Gegenzug haben sie sich ihm geöffnet und über ihren Alltag und ihre Problemen berichtet. „Es gehört wohl auf jeden Fall ein gewisses Maß an Toleranz und Respekt und Verständnis für die jeweils andere Kultur und Religion dazu“, sagt ein christlich-muslimisches Paar über sein Zusammenleben. Die beiden räumen aber auch ein: Verzicht auf Alkohol, auf Schweinefleisch - werden diese religiösen Vorgaben vielleicht irgendwann doch einmal einen negativen Einfluss haben, und sei es im Freundeskreis?
Zielgruppe des Buches sind aus Sicht von Oertel vor allem Leserinnen und Leser, die sich sensibel mit multi-religiösen Themen befassen möchten und Erfahrungen vertiefen möchten.
Wird das Zusammenleben der Religionen auf Dauer gelingen? „Keine Ahnung“, antwortet Oertel verblüffend ehrlich auf die Frage des Reporters. Für ihn ist es entscheidend, dass die Religionen miteinander im Kontakt bleiben, vor Ort wie in der Welt. „Wenn der Gesprächsfaden abreißt“, meint der Theologe, dann wird es schwierig.“
Das Buch „Reise durch Dialogistan“, hat 127 Seiten, ist farbig bebildert und kostet 13 Euro. Enthalten ist ein Gastbeitrag von Pater Cosmas aus der Abtei Königsmünster. Das Buch kann in den Buchläden in Meschede bezogen werden oder direkt beim Verlag per E-Mail info@verlag-am-stimmstamm.de oder unter 0291 / 52863.
Oliver Eickhoff/WP Meschede